Angststörungen
Die Gemeinsamkeit aller Angststörungen ist, dass eine übersteigerte, nicht situationsangemessene Angstreaktion auftritt. Diese Angstreaktion geht häufig mit ausgeprägten körperlichen Symptomen einher und führt zu einem erheblichen Leidensdruck.
Im ICD-10, der internationalen Klassifizierung von Erkrankungen, wird zwischen verschiedenen Angststörungen unterschieden.
Soziale Phobie
Menschen mit sozialer Phobie leiden unter ihren Ängsten im Kontakt mit anderen Menschen. Es bestehen in sozialen Situationen häufig Befürchtungen negativ bewertet zu werden. Typische Situationen in denen die Ängste auftreten sind z.B. Gruppensituationen, Gespräche mit Vorgesetzten, Telefonate, Partys, Vorträge etc.
Befürchtungen sind z.B. etwas unpassendes zu sagen, oder sich unangemessen zu verhalten.
Viele Betroffene haben auch die Sorge durch bestimmte Körperreaktionen (z.B. Schwitzen, Erröten, Zittern) unangenehm aufzufallen.
Agoraphobie
Bei der Agoraphobie treten Ängste typischerweise in Menschenansammlungen, an öffentlichen Plätzen, in Supermärkten oder in öffentlichen Verkehrsmitteln auf. Daher versuchen die Betroffenen entsprechende Situationen zu vermeiden, oder nur unter Begleitung einer vertrauten Person aufzusuchen. Im Extremfall, können Betroffene kaum noch die eigene Wohnung verlassen. Häufig treten Agoraphobie und Panikstörung gemeinsam auf.
Panikstörung
Das Kernmerkmal der Panikstörung sind Angstattacken, die plötzlich und wie aus „heiterem Himmel“ auftreten, mit starken Körpersymptomen einhergehen und als extrem bedrohlich erlebt werden. Nicht selten vermuten die Betroffenen an einer körperlichen Erkrankung (z.B. einem Herzinfarkt) zu leiden und suchen in einer Angstattacke die Notaufnahme eines Krankenhauses auf.
Generalisierte Angststörung
Die generalisierte Angststörung ist durch ein ständiges sich-sorgen gekennzeichnet. Betroffene befinden sich meist in einer ängstlich-angespannten und besorgten Grundstimmung. Dies geht mit Körpersymptomen der Anspannung, wie z.B. innere Unruhe, Herzklopfen, Schwitzen, Verdauungsbeschwerden und Beklemmungsgefühlen einher. Häufig dreht sich der Inhalt der Sorgen um eigene Erkrankungen, finanzielle Verluste, Naturkatastrophen oder die Gesundheit von Angehörigen.
Therapie der Angsterkrankungen
In meiner Praxis behandele ich Angststörungen in erster Linie psychotherapeutisch mithilfe der kognitiven Verhaltenstherapie. Dabei wird in einem ersten Schritt ein individuelles Erklärungsmodell für die Ängste erarbeitet. Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden:
- Was macht mich anfällig für eine Angststörung?
- Warum sind die Ängste in dieser Lebensphase aufgetreten?
- Warum verschwinden die Ängste nicht von alleine wieder?
- Welche Ziele könnten mir dabei helfen, meine Ängste abzubauen?
In weiteren Schritten wird versucht die aufrechterhaltenden Bedienungen der Ängste zu identifizieren und positiv zu verändern. Dies können z.B. negative Bewertungen der eigenen Person (soziale Phobie), ängstliche Selbstbeobachtung (Panikstörung) und mangelnde Entspannungsfähigkeit (generalisierte Angststörung) sein. Häufig geht es auch darum, unter therapeutischer Begleitung, gezielt ängstigende Situationen aufzusuchen und neue, positive Erfahrungen in den zuvor vermiedenen Situationen zu sammeln (sogenannte Expositionen oder Verhaltensexperimente).
Das übergeordnete Ziel ist, sich das Leben von der Angst zurück zu erobern, neue Handlungsspielräume zu eröffnen und die Lebensqualität zu erhöhen.
Weiterführende Informationen finden Sie hier
Autor: Dr. med. Rouven Löcklin, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.
Quelle: Klaus Lieb und Sabine Frauenknecht: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie 9. Auflage (2019)